Auffälliges äusseres Genitale.
Hypospadie.
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Vorkommen. 

Eine an der Penisunterseite gespaltene Harnröhre ist mit 1 auf 300 Neugeborene eine häufige Missbildung des Knaben.
Bei einem Teil der Patienten findet sich familiäres Vorkommen.

 
Klinische Bedeutung. 

1. Die Hypospadie beeinträchtigt das Aussehen (auffälliges äusseres Genitale).
2. Miktionsstörungen sind möglich.
3. Der Geschlechtsverkehr und die Fertilität können behindert sein.
4. Verwechslungsmöglichkeit mit Mädchen oder Intersex.

 
Aetiologie. 

Unbekannt.

 
Pathologie, anatomische Formen .Illustrationen

Es wird zwischen den häufigen anterioren und den selteneren mittleren und posterioren Hypospadien unterschieden: Der Meatus liegt an der Glansunterseite, am Sulkus oder im vorderen Penisschaftdrittel (=anteriore Hypospadie). Der Meatus liegt im mittleren Schaftdrittel=mittlere Hypospadie. Der Meatus liegt im proximalen Schaftdrittel, penoskrotal (Penisschaftbasis), skrotal (zwischen den Skrotalhälften) oder perineal (hinter dem Skrotum)=posteriore Hypospadie.
Vorallem bei den schweren Hypospadieformen besteht oft eine Peniskrümmung (und andere Missbildungen wie Scrotum bifidum, penoskrotale Transposition, Utrikuluszyste u. a.). Bei den leichten Formen (anteriore Hypospadien) liegt oft eine Glanskippung und eine Meatusstenose vor.
Im Gegensatz zu Kryptorchismus und Inguinalhernie (häufige Begleitfehlbildungen) sind andere urologische Missbildungen viel seltener.


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Pathophysiologie. 
Die Funktionsstörungen sind Folgen der Lage des Meatus und eines allfälligen Engnisses: Bei posterioren Hypospadien tritt der Urin senkrecht zum Schaft aus, sodass eine Miktion stehend zwischen die Beine erfolgt, oder bei Meatusstenose unter vermehrter Anstrengung mit dünnem, unter Druck stehendem Strahl. Oder Folgen zusätzlicher Missbildungen am Penis (Peniskrümmung und Mikropenis mit späterer Behinderung des Geschlechtsverkehrs) oder an der Harnröhre (Utrikuluszyste) oder Begleitfehlbildung wie Kryptorchismus mit primärer Einschränkung der Fertilität.  
Klinisches Bild (Anamnese, Befunde, clinical skills)Illustrationen

Leitzeichen aller Hypospadien ist ein Defekt der Vorhaut an der Glansunterseite und eine kapuzenförmige Deformierung und Prominenz dorsalseits mit Verbreiterung der Glansspitze.
Die Lage des Meatus und das Vorliegen oder Fehlen der unter anatomischen Formen beschriebenen lokalen Zusatzmissbildungen erlauben die Einteilung in einer der drei Hauptformen.
Spezielle Untersuchungstechniken: Durch Zug am Vorhautzipfel kann die Penisunterfläche entfaltet und genau inspiziert werden (Blick von unten und von der Seite). Bei einer spontanen Miktion kann der Verlauf (in Bezug zum Penisschaft) und das Kaliber des Harnstrahles beobachtet werden, und bei einer spontanen Erektion eine allfällige Peniskrümmung. Bei Verdacht auf Meatusstenose ist die Überprüfung der Meatusweite mit einer Haarsonde angezeigt.
Bei skrotaler und perinealen Hypospadie mit kaum sichtbarem Penis, gespaltenem und leerem Skrotum ist die Unterscheidung von einem weiblichen oder intersexuellen Genitale schwierig (Hypospadia vulviformis); als erster Schritt erfolgt die sorgfältige Hodensuche wegen des bei posteriorer Hypospadie häufigen Kryptorchismus.


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Natürlicher Krankheitsverlauf. 

Die geschilderten Befunde bestehen fort, jedoch tritt keine Harninkontinenz auf, und i.d. R. verläuft die geschlechtliche Entwicklung normal. Die Bedingungen für eine Fertilität können sich unbehandelt aber verschlechtern.

 
Differentialdiagnose.Illustrationen

Die DD umfasst diejenigen Pathologien, die ein auffälliges äusseres Genitale verursachen, und seltener diejenigen mit Miktionsstörungen und diejenigen mit Fertilitätsstörungen zufolge angeborener Missbildungen.
Beim auffälligen äusseren Genitale sind es die drei Hauptgruppen von Pathologien; nämlich das abnorme äussere Genitale beim Knaben und beim Mädchen sowie das intersexuelle äussere Genitale.


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Ergänzende Untersuchungen.Illustration

Dazu gehört in jedem Fall eine Fotodokumentation und ein exakter Status des äusseren Genitale mit Messung der Hodengrösse und Penislänge.
Bei den posterioren Formen ist zum Ausschluss einer Utrikuluszyste ein MCUG angezeigt, bei der Hypospadia vulviformis Blutuntersuchungen und Bildgebung zur Geschlechtsbestimmung und Definition des inneren Genitale. Bei einer oder mehreren extraurogenitalen Missbildungen dient die Bildgebung dem Ausschluss anderer urologischer Missbildungen.


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Therapie. Illustrationen

Bei den anterioren Hypospadien ist die Operationsindikation (abgesehen von einer Meatusstenose) aus ästhetischen Gründen gegeben; bei den anderen Formen zusätzlich aus funktionellen Gründen.
Operationszeitpunkt: in der zweiten Hälfte des Säuglingsalters oder im Spielalter.
Anteriore Formen: Bildung des vordersten Harnröhrenabschnittes und Verlagerung des Meatus an die Glansspitze durch Gewebe vor Ort sowie Entfernung oder Rekonstruktion der Vorhaut.
Andere Formen: Penisstreckung und Bildung des fehlenden Harnröhrenabschnittes mit einem gestielten Vorhautlappen. Dazu kommen fallbezogen Korrekturen eines Scrotum bifidum, einer Penistorsion, oder Exzision einer Utrikuluszyste.


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Prognose. 

In ca. 10-15% wird eine Fistelbildung beobachtet, die eine Nachoperation erfordert. Die Prognose hinsichtlich Aussehens, Miktionsstörungen und Kohabitationsfähigkeit ist günstig; Fertilitätsstörungen bei schweren Formen und bei Kryptorchismus sind möglich.